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Interview mit Ludger Beerbaum

Von Freitag bis Sonntag findet das 7. Longines Equestrian Beijing Masters im Olympiastadion in Peking statt. Die deutsche Reitsport-Ikone Ludger Beerbaum ist seit der ersten Auflage als Co-Organisator dabei und verrät im Interview, wie sein Engagement in China begann, welche Herausforderungen der chinesische Reitsport in Zukunft meistern muss und was die Zuschauer am Wochenende erwartet.

Herr Beerbaum, sie sind nun bereits seit mehr als zehn Jahren in Chinas Pferdesportmarkt involviert. Wie kam es überhaupt dazu?
Ludger Beerbaum: Der erste Kontakt kam im Jahreswechsel 2005/2006 zustande, also zwei Jahre vor den Olympischen Spielen in Peking. Damals hat mich die chinesische Reisport-Föderation angesprochen und um Unterstützung dabei gebeten, ein Reiter-Team für die Olympischen Spiele aufzubauen. Immerhin war China als Gastgeberland vorqualifiziert und das wollten sie auch nutzen. Zwei Jahre waren für ein solches Vorhaben natürlich ein ambitionierter Zeitrahmen, aber letztendlich kam ein Team zustande und so begann unsere Zusammenarbeit. 

Für Deutschland wäre es ganz undenkbar, dass kein Team zusammenkommt. Da geht es beim Stichwort Olympische Spiele und Reitsport stets um Medaillen. Welche Rolle spielt denn der Pferdesport in China im Vergleich zu europäischen Top-Nationen?
Beerbaum: Ich sag es mal so: Europa hat 100 Jahre Pferdesport-Geschichte, China vielleicht zehn. Das gibt einen ganz guten Anhaltspunkt, um das sportliche Level, die Pferde, die Reiter und auch die gesamte Pferde-Industrie einzuschätzen. Aber in diesen zehn Jahren Pferdesport-Geschichte in China hat sich viel entwickelt, im Vergleich zum Rest der Welt wahrscheinlich auch um einiges schneller. 2006 war es eher so, dass man sich als Veranstalter der Olympischen Spiele dazu aufgefordert fühlte, zu schauen, wie man den Reitsport auf irgendeine Weise integrieren kann. Da gab es noch keinen Weltcup, keine internationalen Turniere. Ich bin noch nicht mal sicher, in wie weit die Reitsport-Föderation damals überhaupt organisiert war. Aber seitdem hat sich enorm viel getan, von null auf internationales Turnier-Level sozusagen. Mittlerweile gibt es auch unglaublich viele Reitställe in ganz China verteilt. Immer noch ist es natürlich so, dass der Spitzensportler in China noch nicht auf dem Niveau der europäischen Top-Nationen ist, aber was man sagen kann, ist, dass sich der Reitsport in dieser kurzen Zeit extrem ausgebreitet hat. 

Sie setzten sich mit der Longines World Equestrian Academy ja auch ganz aktiv für die nachhaltige Entwicklung des Reitsports in China ein. Worum geht es bei diesem Projekt genau?
Beerbaum: Fakt ist, dass es in China vor allem im Basisbereich noch an Grundwissen fehlt: Wie man Pferde hält, wie man sie versorgt, wie man sie beschlägt. Daher hat Longines die Akademie ins Leben gerufen und nun arbeiten wir schon seit anderthalb Jahren zusammen daran, den chinesischen Reitsport zu fördern. Dabei geht es aber nicht in erster Linie darum, Spitzensportler hervorzubringen, sondern die gesamte Palette des Reitsports in der Akademie zu bündeln und Wissen von Europa nach China zu transferieren. Das erreichen wir einerseits, indem wir europäische Experten zum Standort in Peking schicken, zum Beispiel Hufschmiede oder Tierärzte. Andererseits laden wir junge Chinesen nach Deutschland zum Standort Riesenbeck ein, damit die Reiter Turniererfahrung sammeln können und die Pfleger lernen, wie man Pferde richtig versorgt. Die Akademie setzt also am Fundament unseres Sports an, genau dort, wo noch viel Aufholbedarf in China besteht. 

Sie sind nun seit einem Jahr nicht mehr im deutschen Nationalteam aktiv. Haben Sie die gewonnene Zeit genutzt, um sich noch mehr der Akademie zu widmen?
Beerbaum: Nun, ich habe ja noch nicht komplett aufgehört, selbst aktiv zu reiten. Durch meinen Rücktritt aus dem Nationalteam komme ich vielleicht auf fünf Turniereinsätze weniger im Jahr, bin aber trotzdem noch an etwa 30 Wochenenden unterwegs. Sicherlich habe ich in diesem Jahr etwas mehr Zeit für die Akademie gehabt, die ich aber vor allem dazu genutzt habe, Lehrgänge für China zu organisieren, bei denen ich gar nicht selbst vor Ort bin. Trotzdem war ich in diesem Jahr schon zweimal mehr in Peking als in den vergangenen Jahren. 

Gibt es denn ein langfristiges Ziel für Ihr Engagement in China?
Beerbaum: Ich möchte eigentlich gar nicht von langfristig sprechen, sondern eher von mittelfristig – am liebsten kurzfristig. Sportlich gesehen ist das Ziel – und das haben wir gemeinsam mit der chinesischen Föderation und dem Weltreiterverband ganz klar formuliert – sich mit einem chinesischen Team für die Olympischen Spiele zu qualifizieren, mit Blick auf Tokyo, Paris und Los Angeles. 

Welche Herausforderungen müssen bis dahin gemeistert werden?
Beerbaum: Erst einmal brauchen wir natürlich Spitzensportler, die jetzt noch nicht da sind. Bis jemand mal so reitet wie Marcus Ehning oder Scott Brash, braucht es eben eine Weile. Ein anderes ganz großes Thema sind die sehr strikten Quarantänebestimmungen in China, die es uns unmöglich machen, Pferde zwischen China und Europa hin- und herzuschicken. Daran arbeiten wir schon seit einigen Jahren und haben das Brett schon angebohrt, sind aber noch nicht so richtig durchgekommen. Wenn uns das schließlich gelingt, erwarte ich, dass sich auch der Rest in kürzester Zeit entwickelt. Dann können wir auch die Industrie nach China transferieren und der Wissensaustausch wird deutlich schneller passieren. 

Für das Longines Equestrian Beijing Masters würde das bedeuten, dass auch die internationalen Topstars mit ihren eigenen Pferden und nicht mehr mit chinesischen Leihpferden an den Start gehen dürfen. Am Freitag beginnt ja bereits die siebte Auflage des Turniers, das Sie mit initiiert haben. Erzählen Sie uns ein bisschen über das Masters!
Beerbaum: Zuallererst fällt mir dabei der Standort  ein, der das Turnier so besonders macht: Die historische Location des Olympiastadions in Peking ist einmalig. Das Bird’s Nest zählt neben dem Maracanã in Rio de Janeiro oder auch dem Turniergelände des CHIO Aachen zu den Austragungsorten, die jeder kennt, auch wenn man sonst nichts von Sport versteht. DasGefühl, wenn man ins Stadion hineinkommt, ist jedes Mal wieder unglaublich. Das macht das Beijing Masters für die Sportler zu einem ganz besonderen Event. Auch in Sachen Turnierveranstaltung haben sich in den vergangenen sieben Jahren viele Dinge optimiert: Anfangs gab es überhaupt keine Erfahrung seitens der chinesischen Föderation, aber durch die Zusammenarbeit mit dem Team des CHIO Aachen aus Deutschland und Dashing Equestrian aus China ist das Beijing Masters auch in Sachen Organisation über die Jahre immer professioneller geworden. Das merkt man auch im Marketing: Es gibt immer mehr Sponsoren, die Zuschauerzahlen steigen. Ich habe gerade heute Morgen gehört, dass im Vorverkauf doppelt so viele Tickets verkauft wurden wie im vergangenen Jahr. Ich glaube, man kann sagen, dass das Beijing Masters anfangs eine ganz zarte Pflanze war, die sich zwar langsam entwickelt hat, aber nun immer weiter wächst. 

An welchen Stellen ist das Turnier denn in diesem Jahr gewachsen?
Beerbaum: Beim internationalen Feld hatten wir ja schon immer Top-Reiter am Start und auch in diesem Jahr ist es wieder sehr gut besetzt. Diesmal ist aber auch das nationale Feld ganz stark. Ich glaube, dass unter den chinesischen Reitern einige Kandidaten sind, die am Sonntag im Großen Preis ganz vorne mit dabei sein können. Neu ist außerdem, dass die Zuschauer noch näher am Sportgeschehen dran sein werden, da wir den Reitplatz so nah wie möglich an die Tribünen gesetzt haben. Dadurch versprechen wir uns eine noch intensivere Atmosphäre. Insgesamt dürfen wir uns, glaube ich, auf ein tolles Turnier-Wochenende freuen!


Weitere Informationen zum Longines Equestrian Beijing Masters 2017 finden Sie auf der offiziellen Webseite des Veranstalters unter www.beijingmasters.com sowie auf Facebook unter www.facebook.com/LonginesEquestrianBeijingMasters. Den offiziellen Zeitplan und die Prüfungsergebnisse können Sie hier einsehen.

Das gesamte Turnier wird live im Internet auf ClipMyHorse.TV übertragen.


Longines Equestrian Beijing Masters 2017
13. bis 15. Oktober, Peking, Bird’s Nest

Internationale Reiter:
Ahlmann, Christian (GER)
Àlvarez Moya, Sergio (ESP)
Beerbaum, Ludger (GER)
Bost, Roger-Yves (FRA)
Diniz, Luciana (POR)
Dubbeldam, Jeroen (NED)
von Eckermann, Henrik (SWE)
Ehning, Marcus (GER)
Foster, Tiffany (CAN)
Hough, Lauren (USA)
Richard Philips, Jane (SUI)

 

 

 

 

The picture enclosed shows Ludger Beerbaum at the Bird’s Nest, the Olympic Stadium in Beijing/China, where the Longines Equestrian Beijing Masters 2017 is being staged from October 13th-15th. (Picture credits: Longines Equestrian Beijing Masters/Arnd Bronkhorst).

13.10.2017 Teilen
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